Es ist mehr als eine Woche vergangen, seitdem ich die schwerste Entscheidung in Bezug auf meinen liebsten Hund treffen musste.
Fotel kam vor fast zwei Jahren zu uns, als Pflegehund. Sie wurde in Isaszeg ausgesetzt und streunte einige Tage dort herum, bevor sie in die Obhut der Bulldoggen Rassenrettung des NOAH Tierheim Ungarn kam. Peti hatte sie aus mehreren Hunden ausgesucht. Auch Csilla bestätigte, dass dies eine gute Wahl sei und, dass uns auch Fotel empfohlen hätte, sowohl aufgrund ihres Charakters, als auch deshalb, weil sie am dringendsten in eine Familie kommen musste.
Bevor sie zu uns kam wurde die Hälfte eines riesigen Tumors von ihrem Hals ab operiert und nicht lange nach ihrem Einzug bei uns, wurde auch die andere Hälfte entfernt. Der Tumor war nämlich so groß, dass er nicht in einem Stück entfernt werden konnte.
Laut Befund der Gewebeuntersuchung handelte es sich um eine sehr aggressive Tumorart, die dazu neigt, erneut aufzutreten. Die Tierärzte prognostizierten ihr nicht mehr viel Zeit, höchstens ein halbes Jahr.
Fotel stand weiterhin zur Vermittlung und es meldete sich ein Interessent für sie. Es entstand ein großes Dilemma, doch schließlich beschlossen wir, sie gehen zu lassen. Doch dann verschwand der Interessent wieder. Da hatte ich bereits das Gefühl, dass dies ein Zeichen sein musste, also gaben wir Bescheid, dass wir Fotel adoptieren wollten, denn sie gehörte inzwischen zu unserer Familie.
Anfangs stand sie auf Männer, sie hing an Ati, aber plötzlich veränderte sich unser Verhältnis. Sie strahlte solch eine Ruhe aus, die sehr positive Auswirkungen auf mich hatte. Wir schienen die Gedanken des Anderen lesen zu können, wir vergötterten einander, passten aufeinander auf.
Inzwischen vergingen Monate und das alte Mädchen war bei uns. Sie trippelte in ihrem eigenen gemächlichen Tempo hinter mir her. Sie verstand sich mit jedem. Wir konnten ihr kein Tier zeigen, das sie nicht akzeptiert hätte.
Außer Brisz, vor dem sie im ersten Moment bis zur Couch floh, als sie ihn erblickte. Sie erkannte, dass er ein Welpe war und da sie in ihrem Leben bei einem Vermehrer vermutlich etlichen Welpen zur Welt gebracht hatte, rannte sie geschockt vor ihm weg. Zwei Wochen lang „verhandelten” sie nicht einmal miteinander, doch schließlich akzeptierte sie ihn doch. Sie liebten sich sehr.
Sie sah gut aus und fühlte sich wohl, es war schön zu sehen, dass sie glücklich war.
Dann, Ende letzten Jahres brach sie auf der Straße zusammen.
Es folgte eine langwierige Untersuchung und es stellte sich heraus, dass der Tumor diesmal ihre Milz angegriffen hatte. Sie wurde operiert, die Milz wurde entfernt. Das war im Oktober. Zu diesem Zeitpunkt waren keine weiteren Tumore zu sehen.
Drei Wochen später ertasteten wir an ihrer Milchleiste weitere Tumore. Ich entdeckte immer mehr und mehr an verschiedenen Stellen an ihrem Körper, sie wuchsen schnell. Nach der OP bekam sie Spezialfutter und viele Nahrungsergänzungsmittel. Manchmal machte ich mir Hoffnungen, manchmal heulte ich wie ein kleines Kind, weil ich es nicht ertragen konnte. Ich befürchtete auch, dass ich den Zeitpunkt nicht erkennen würde, wenn es SOWEIT ist.
Nach dem Fressen, wenn ihr Magen voll war, kam es vor, dass sie eine Pfütze machte. Wir wussten, dass dort auch schon ein Tumor sein musste, der auf ihre Blase drückte. Vor drei Wochen hörte ich das erste mal das Husten nach dem Fressen. Ich sah, dass sie sich manchmal schwerfälliger bewegte. Wir gaben ihr Schmerzmittel. Dann wurde der Husten immer häufiger.
Wir besprachen mit Dr. Jandó, dass wir eine Röntgenuntersuchung machen. Mal sehen, wie es innen drin aussieht. Am Abend vor der Untersuchung wollte sie ihr Abendessen nicht mehr auffressen. Auch beim Trinken bekam sie nur schwer Luft. Da wusste ich es bereits.
Am nächsten Tag machte sich die Familie nach der Muttertagsfeier auf den Weg in die Tierarztpraxis. Da dachte ich noch, wenn ich sie gehen lassen muss, dann nicht jetzt, ich habe noch einen Tag Zeit, um mich zu verabschieden. Eine Nacht, in der sie neben mir schläft, in der ich ihr beim Schnarchen zuhören kann, ihr Gesicht streicheln kann. Ich muss mich nicht jetzt in Anwesenheit der Kinder entscheiden. Dieses wunderbare Kapitel in unserem Leben wird nicht jetzt enden.
Als wir dann in der Praxis waren erkannte ich nach der physikalischen Untersuchung, dass die Zeit jetzt gekommen war. Sie hatte Schmerzen, sie rang nach Luft. Auch Dr. Jandó sagte, dass er sie gehen lassen würde, wenn sie sein Hund wäre. Ich wusste, dass eine weitere Nacht nur für uns eine Chance wäre um uns zu verabschieden, uns dafür zu entschuldigen, was ihr die Menschen angetan haben, für sie wäre es eine Qual. Sie müsste noch einen Tag lang meine Anspannung spüren, noch eine Nacht nach Luft schnappen und wir würden doch am nächsten Tag genauso daran zerbrechen. Die Kinder standen dort neben mir und ich musste das Unaussprechliche aussprechen. Lassen wir sie gehen.
Wir baten um etwas Zeit um uns zu verabschieden. Ich erzählte den weinenden Jungs von der Regenbogenbrücke, ich versuchte die Frage zu beantworten „Warum müssen wir meinen Hund töten?”. Nach und nach verstanden es die Jungs dann. Im Nachhinein war es gut, dass sie da waren, dass sie sich von ihr verabschieden und sich ausweinen konnten. Dort vor Ort war es vernichtend.
Die Jungs und Attila verließen schließlich die Praxis und ich blieb mit dem besten Hund der Welt allein. Ich sagte ihr, wie sehr ich sie liebe, wie leid es mir tut, dass ich sie nicht schon als Welpen kennenlernen durfte, und wie gerne ich ihr ein langes, glückliches Leben geschenkt hätte. Dr. Jandó tat inzwischen seine Arbeit, er sprach zu mir und ich werde nie vergessen welche Kraft mir seine Empathie und sein Verständnis verliehen. Ich war bis zum Ende bei ihr, bis zum letzten Atemzug und spürte fast, wie ihr kleiner geschundener Körper zusammensackte, als die Medikamente Wirkung zeigten, dann machte sie einen letzten Atemzug und ging. Ein teil von mir starb mit ihr.
Ich danke dir Csilla, dass du sie für mich ausgesucht hast. Ich habe viel von ihr gelernt, über mich und die Welt. Sie hat vielen Kindern Freude bereitet bei den Veranstaltungen, die weise alte Dame hat uns viel beigebracht. Danke, dass ich ihr Frauchen sein durfte. Danke Dr. Jandó, dass du mir geholfen hast im schwersten Moment die richtige Entscheidung zu treffen und mich in den letzten Minuten unterstützt hast.
Habt keine Angst davor, einen alten Hund zu adoptieren! Die Liebe und Fürsorge, die ihr ihm gebt, wird Euch mit Energie erfüllen. Die Weisheit, die aus ihnen strömt, ist mit nichts zu vergleichen. Und was am wichtigsten ist, kein einziger Hund dürfte ohne Familie sterben.
Mein liebes kleines Hündchen, wir sehen uns irgendwann wieder!