Kennt ihr mich noch? Ich bin's, euer Ezredes. Ich heiße jetzt Butler und wohne mit Lorre und 2 Menschen in Deutschland.
Hier ist ganz schön was los. So viele Geräusche, so viele andere Hunde. Da musste ich mich erst dran gewöhnen. Am Anfang hat mich das so aufgeregt, dass ich hochgesprungen bin und mich nicht mehr beruhigt habe. Ich wollte alles und jeden anspringen, gerne auch mal schnappen. Die Gassirunde an sich war so aufregend, dass ich hinterher völlig fertig war. Wir konnten nur kleine Runden laufen, weil ich unterwegs zusammengebrochen bin und mich ausruhen musste. Damit ich mich nicht so aufrege, sind wir immer genau dieselben Runden gelaufen, bis ich alles kannte und haben langsam mein Revier erweitert. Meine Aufregung ist mein größtes Problem, weil ich dann nicht mehr ansprechbar bin. Wir haben sehr schnell mit dem Hundetraining angefangen. Natürlich musste ich mich auch erst einmal an meine neue Familie gewöhnen. Es war mir suspekt, dass mich meine Menschen so oft anfassen wollten. Da hab ich lieber mal gegrummelt. Das sie mit mir reden und irgendwas wollen, habe ich einfach ignoriert. Dann hab ich aber doch gemerkt, wie schön schmusen ist. Wir liegen jetzt immer alle zusammen auf dem Sofa und kuscheln. Es gibt da eine Stelle hinter meinen Öhrchen, wenn Frauchen mich da krault, schließe ich die Augen und werde ganz still, damit sie bloß nicht mehr aufhört. Ich bin von Hause aus freundlich und würde niemals nach meinen Menschen schnappen. Zahnkontrolle, Pfoten reinigen – alles easy. Nur andere Hunde (außer meinen Kumpel Lorre) mag ich gar nicht. Da raste ich aus, stehe auf den Hinterbeinen und wirke so bedrohlich, dass alle Angst vor mir haben. Meinen Menschen hat das nicht gefallen und ich musste zu einer Hundetrainerin. Weil ich so schlau bin, habe ich schnell verstanden, was die eigentlich alle von mir wollen. Na gut, dachte ich mir. Zum Glück haben alle verstanden, dass es nicht hilft, wenn man mich anmeckert oder an der Leine zieht. Wenn ich erst mal durchdrehe, hilft nur Ruhe. Umso ruhiger alle bleiben, desto schneller kann ich mich auch wieder beruhigen. Umgekehrt regt es mich furchtbar auf, wenn jemand oder ein anderer Hund mir entgegen poltern. Da ist mir doch ein Hund frech vor die Schnauze gesprungen und ich konnte nur zuschnappen. Frauchen ist ganz cool geblieben und hat die TA Rechnung bezahlt. Es gab keine Schimpfe aber ihr ahnt es sicher schon: Besuch bei der Hundetrainerin.
Es ist mir nicht leicht gefallen, auf meine Menschen zu hören. Zuhause war von Anfang an alles gut. Aber sobald es nach draußen ging, ging gar nichts mehr. Ich war wie verwandelt. Dazu kam noch, dass ich ein halbes Jahr lang ständig Durchfall hatte. Den Tierärzten ist außer der Diagnose Wurmkur nichts eingefallen. Frauchen wusste sofort, dass ich keine Würmer hatte. Ich bin sehr sensibel und die ganze Aufregung ist mir auf die Verdauung geschlagen. Inzwischen habe ich nur noch selten Durchfall, wenn etwas Stressiges passiert oder ich ein altes Brötchen aus dem Müll gefressen habe. Ach so, dass habe ich noch gar nicht erzählt: Mit Lorre (Hund) war das nicht Liebe auf den ersten Blick. Meine Menschen sind extra mit Lorre nach Ungarn gekommen, damit wir uns kennenlernen. Erst war alles ok. Später gab es ein paar Eifersuchtsdramen, die meine Menschen nicht beeindruckt haben. Wir haben uns dann beide zusammengerauft. Lorre ist ein französische Bulldogge-Pitbull-Mix und noch verfressener als ich. Er hat mir die schönsten Pinkelstellen und die leckersten Mülltonnen gezeigt. Da ich von nix Ahnung hatte, habe ich ihm einfach alles nachgemacht, nicht immer zur Freude meiner Menschen. Wir verteidigen zusammen den Gartenzaun und toben wie die Verrückten. Als Frauchen zum ersten Mal einen Ball geworfen hat, wusste ich gar nicht, was dass soll. Ich habe Lorre beobachtet und alles nachgemacht. So ganz verstanden habe ich aber bis heute nicht, warum ich den Ball wieder abgeben soll.
Der große Durchbruch kam nach einen Jahr. Ich habe tatsächlich so lange gebraucht, um mein Herz an meine Menschen zu verschenken. Natürlich war schon vorher vieles schön, aber mich so richtig darauf einzulassen, hat gedauert. Ich habe sehr viel Geduld und noch mehr Ruhe gebraucht (und bekommen). Wir sind jetzt eine Familie für immer. Nichts kann uns mehr trennen. Außer ein freches Eichhörnchen kreuzt meinen Weg, dann bin ich weg. Aber Frauchen kennt mich ja und lässt mich an der Laufleine.
Ich hoffe, ich konnte euch Mut machen, einen Hund mit Vorgeschichte aufzunehmen und nicht gleich zu verzweifeln. Wir „Problemhunde“ brauchen vielleicht etwas länger, um all das Schlimme zu vergessen und Menschen wieder zu vertrauen. Meine erste Vermittlung ist gescheitert, weil man von mir Wunder erwartet hat und mich bereits nach 1 Woche wieder zurückgegeben hat.
Frauchen flüstert mir gerade ins Ohr, dass ich gar kein Problemhund sei, sondern der beste Hund der Welt. Na dann.
Liebe Grüße!
Euer Butler