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Rosi's Verwandlung, oder: In der Ruhe liegt die Kraft

2015.02.26

ALS ROSI ZU UNS KAM

Rosi war ganz schön aufgedreht. In der Wohnung war alles normal, Staubsauger, Bohrmaschine oder Autofahren, da war Rosi entspannt. Aber kaum ging es raus zur Gassirunde, drehte sie völlig durch. Sie sprang an uns hoch, gegen die Wohnungstür, rannte mit vollem Tempo durch die Wohnung. Es war nicht möglich, sich Schuhe und Jacke anzuziehen, dafür musste man Rosi wegsperren.

Die Treppen runter war ein Selbstmordkommando. Rosi war kaum zu halten. Auf der Straße setzte sich das fort. Dabei hechelte Rosi so laut, dass Leute sich nach ihr umdrehten. Ich konnte sie nur mit Mühe an der Leine führen. Sie reagierte auf alles: rempelte Passanten an, stürzte auf Kinderwagen und Fahrrädern. Mehrmals wäre sie fast in ein Fahrrad gerannt (an der Leine)! Es war also auch gefährlich. Viele Leute hatten Angst vor Rosi und wechselten die Straßenseite, wenn sie sahen, wie Rosi mich hinter sich herzog. Verständlicherweise. 

Rosi biss in die Leine, schnappte nach meiner Hand und selbst ich fühlte mich nicht so ganz wohl.

Die "klassische" Hundeerziehung versagte. Nein, Aus, Sitz schienen Rosis Temperament nur noch zu befeuern. Da wir bereits viel Erfahrung mit schwierigen Hunden haben (unser voriger Hund wurde von Tierschützern aus einer katastrophalen, tierquälerischen Vermehrungsstation gerettet und war in jämmerlichem Zustand und verhaltensgestört), waren wir ratlos. 

Dazu kam, dass Lorre, damals 3 Monate alt und energiegeladen, anfing, Rosis aufgeregtes Verhalten zu imitieren. Auf einmal hatten wir 2 Hunde, die wir nicht bändigen konnten. 

DIE VERWANDLUNG

Wir haben eine GUTE professionelle Hundetrainerin engagiert. Ich musste lernen, dass Dominanz nichts mit Unterdrückung und Bösesein zu tun hat, sondern eher eine innere Einstellung ist und ein Hund sich gerne unterordnet, sich dabei entspannen kann. 

Ich kann mich noch genau an den Moment erinnern, wo es bei mir Klick gemacht hat. Ich war mit Rosi unterwegs und sie war wieder wild und biss plötzlich beim Laufen in die Leine und schnappte nach meiner Hand. Und ich hatte einfach keine Lust mehr, Angst zu haben, mir war es mittlerweile egal, dann sollte sie doch zuschnappen. Ich wich nicht zurück, beachtete sie gar nicht, machte Sscchhhh (als Laut für meine Missbilligung) und ging unbeirrt weiter. Und Rosi? Hörte sofort auf und lief so ruhig neben mir, dass ich dachte, die Leine sei weg. Und da habe ich verstanden.

 

Rosi hat Temperament und ist schnell aufgeregt. Das Einzige was hilft, ist Ruhe. Dabei ist die innere Haltung entscheidend. Hunde spüren, wenn wir gereizt oder frustriert sind. Als erstes lernte Rosi, still zu sitzen, während ich mir die Schuhe anzog. Wenn sie aufgeregt an mir hoch sprang, wandte ich mich von ihr ab und beachtete sie nicht mehr. Es dauerte nur einige Minuten, bis Rosi sich setze. Jetzt sitzt sie immer brav auf dem kleinen Teppich im Flur und wartet. Es ist, als wolle sie sagen: Sieh her, ich mach doch alles, was Du willst. Extrem süß.

ROSI IST EIN TRAUMHUND

Ich hoffe, es ist nicht der Eindruck entstanden, Rosi sei ein Problemhund. Ich habe unsere Anfangsprobleme so genau beschrieben, weil ich anderen Leuten Mut machen möchte, einen unbekannten, auch älteren Hund aufzunehmen. Wir haben inzwischen mehr "Probleme" mit Lorre, der ja als unbeschriebenes Blatt zu uns kam. 
Rosi ist verschmust, anhänglich, treu, sehr liebebedürftig, verspielt und echt lustig.

DER THERAPIEHUND

Ich habe sehr viel über mich selbst gelernt. Leider bin ich etwas ungeduldig und auch mal gereizt. Wenn ich schlecht drauf bin, erkenne ich das sofort an Rosi. Dann mache ich eine Atemübung, Schultern nach hinten, schnappe mir die Hunde und GENIESSE den Spaziergang. Alles andere macht gar keinen Sinn. 

Ich praktiziere jetzt regelmäßig Qigong. Meine gelassenere Grundhaltung kommt meiner gesamten Umwelt zugute. Ich bin Rosi dankbar, dass sie mich gezwungen hat, mich meiner Ungeduld zu stellen.

 

Beim ersten Sonnenstrahl vor ein paar Tagen hat Rosi sich im Park auf den Rücken geworfen und ist über das Gras gerollt. Da hat sie mir wieder gezeigt, wie schön das Leben ist und genau dieser Moment. Rosi ist pure Lebensfreude. Man sieht, wie glücklich sie ist, wenn sie an einem Strauch schnüffelt. Rosi ist einfach mein Hund.

Ich kommuniziere mit den Hunden inzwischen nur noch über meine Körperhaltung, die Leine, Energie (ja das klingt blöd) und einige Laute. Ich quatsche sie nicht mehr voll. Egal, was passiert, ich bleibe (fast immer) ruhig. Ab und zu wird mal ausprobiert, ob hochspringen oder an der Leine zotteln nicht doch eine tolle Idee ist, aber da gehe ich gar nicht mehr drauf ein. Wenn man dieses Prinzip erst mal verstanden hat, ist Hundeerziehung ein Klacks. 
Selbst die verhasste Augensalbe darf ich Rosi ins Auge auftragen und sie lässt das alles über sich ergehen. Allerdings geht es bei Rosi nicht mit Hektik und schnell schnell. Wenn man Rosi die Zeit gibt, die sie braucht, dauert es nur wenige Minuten. Wenn man Stress macht, geht gar nichts. Ich fühle mich ein wenig geehrt, dass sie so viel Vertrauen zu mir hat.

Natürlich, wenn wir auf dem Sofa liegen und Rosi an mich heran robbt und ihr Köpfchen auf mir ablegt, dann quatsche ich sie doch noch voll. Sage ihr, dass sie meine Süße ist und der beste Hund der Welt. Aber dann plätschern meine Worte so dahin und niemand ist aufgeregt. Ich bin sehr glücklich, dass Rosi bei uns ist.

NACHTRAG

Ich wurde von Nachbarn aus unserer Straße angesprochen, was denn mit dem anderen Hund sei. Ob ich den weggegeben hätte. Ich habe das erst gar nicht verstanden, aber die meinten tatsächlich Rosi. DAS IST KEIN WITZ! Sie haben die entspanntere Rosi nicht wiedererkannt. Da sieht man mal, wie anders derselbe Hund wirkt, wenn er schnaufend auf jemanden zurast oder mit einem süß verknuffelten Gesicht einfach da steht. 

 

Wir danken Dir Janet, für den tollen Bericht, die fantastischen Bilder und dafür, dass Du Rosi ein liebevolles Zuhause schenkst!

Dein NOAH Tierheim Ungarn Team